tent du monde
Alles Vergangene entwickelt sich zur Vorgeschichte, fällt ab. Kein umständlicher Eingang will bleiben. Ein Labyrinth von Hindernissen oder Schmerzen wirft ein jeder ab.
Man betritt einen Raum. Ein Zelt bleibt es die ganze Zeit - und man ist gefangen. An allen Wänden hängen Bilder, ebenso an der Decke und sogar der Fußboden ist mit Bildern bestückt.
In der Mitte befindet sich eine Art Tisch oder Altar, in dessen Platte eine Glasscheibe eingelassen ist, durch die man in rätselhafte dreidimensionale Welten schaut. Aus dem Fuß des Tisches erklingt leise Musik.
Wer sich hier umblickt erfährt eine gestaltete Umgebung und dabei eine unendliche Weite ohne räumliche oder gedankliche Begrenzung. Unvermittelt begibt man sich auf eine Reise – und es kann nur die eigene sein.
Plötzlich geht man an Schnüren des Wissens vorbei, ein jeder Blick den das Auge schweift scheint an zusammengewobenen Fahnen aus Geschichten, Liedern, Erlebnissen entlang geführt zu werden. Bilder, und Objekte, und Orte ziehen vorbei, ohne Namen, tun es für den einmaligen Betrachter, einmalig.
Das tent du monde ist eine Art Eingangshalle ins Reich der Phantasie.
Wenn man es einmal betreten hat will man es, und wird man es
nie mehr verlassen müssen.
Natürlich wird niemand es in seiner Komplexität und Kostbarkeit beschreiben oder dokumentieren können.
Auch der Bericht der hier folgt in Wort und Bild ist nur ein Wischen in der Strömung des Denkens.
* * *
Ein Gang durch das tent du monde
Am Eingang umfängt der Nu
dieses Tor kein Tor
Eingang kein Eingang
Wände keine Wände
die Musik wie Bilder
die Bilder wie bewegt
ein Schild des Scheuen
Seufzer des Ganzen
Rad und Rahmen aus Natur
rund wie die Runden
zart wie Windwirbel am Fels
fest wie die zarteste Liebe
der Eingang
der Eintritt
ist der Sinn
Anfang und Eingang
ins große Zelt
ein Alpha nur
Eintritt immer leicht
nur ihn finden
Jahre
Jahre
Jahre
lassen gehen
Wege und Wege
auch den meinen
in jedem Entwurf
sei es der kleinste
Beginn eines Hauses
mit nur einem Winkel
schwebt doch stets
der große Winkelsetzende
so erhaben oben
in Kästen gesetzte Zeit
ist richtig erfasst
der Rahmen ist vonnöten
der Rahmen wird durchbrochen
Zukunft, ja Zukunft
mag getrost ein Fremdwort bleiben
der Gegenwart mein
dann wachsen Heimat
und Sonne
und Nahrung
aus dem kleinen Ja
Schriftrollen öffnen sich
in Augenblick
und Lebensernte
die Wege ziehen
ihre Richtung
ihre Perspektive
ihre Zeit
immer wieder begegnet uns das Auge
das eigene wohl in Schlaf oder Wachen
in träumen oder tun
wenn die Dinge zum verbessern bereitliegen
wenn Zeit helfend am besten genutzt
wenn alle Tage Lieder erweckt werden wollen
die Hütte stellt sich immer wieder
der Baum wird Schatten sprechen
Fenster öffnen sich alle Tage
und doch jedes nur den seinen
die Farbe nie der andern gleichend
der Vorhang alles eigne zeigend
die Bühne fest und gut
da reicht zu haben nur ein Auge
nur ein Ohr reicht hin
schon will der Blick sich werfen nur
die ganze runde Runde rund
Licht erfüllt Auge
Zeichen stehen auf fliegen
Wirst du mein Zwinkern bemerken?
so dreh dich einfach mit
du hast alle Seiten gesehen
und gelernt, es ist alles Rund
du hast das Ferne gesehen
und gelernt es ist alles nah
du hast die Stille getragen
und gelernt alles ist Gesang
du hast die sechs Räume durchschritten
und
gelernt die Spiegelung des Zentralen
So gehe mit dem Segen
des blühenden Baums
So gehe mit dem Segen
der brennenden Sonne
So gehe mit dem Segen
der saugenden schenkenden Zeit
* * *
Nachwort zum tent du monde
Die Idee des tent du monde entstand in den neunziger Jahren. Zum Teil griffen wir dabei auf bereits aus früheren Jahren bestehende Entwürfe zurück, jedoch entstanden alle Gemälde der Sammlung damals spontan und neu.
An der Erschaffung waren verschiedene Maler und Objektkünstler beteiligt, von denen die meisten schließlich auch Mitarbeiter in der Werkstatt Ogonjok geworden sind.
Die Grundidee, die alle beteiligten Künstler zusammenführte, und jeden von ihnen zu besonderer Kreativität inspirierte entsprang einer Erzählung von S. Isdath, die von einem Traum eines Stammesvorfahren handelte, in dem ein großes Zelt die Repräsentanz der Welt darstellte. Durch das Durchbrechen gängiger Rahmen, vor allem der rechten Winkel wurde eine archetypische Darstellung des Kosmos (le monde) angestrebt. Obwohl am Ende ein sechsseitiger Raum entstand wurde das ursprüngliche Bild eines Rundzelts mit dargestellt.
Wer das Zelt genannt tent du monde betritt kommt in einen Raum, in dem alle gewohnten Gesetze aufgehoben scheinen. Von allen Seiten sprechen Bilder, Formen, Objekte unbekannte Sprachen und der Besucher weiß nicht mehr, welche Bezugspunkte eigentlich gelten. Der Betrachter sieht sich in eine Art Schwerelosigkeit gezogen und aus undefinierbaren Sphären erklingen nie gehörte Klänge. Alle Wände rufen den Betrachter in sich hinein und unvermittelt stellt sich der Eindruck ein, als habe man ein fremdes Universum betreten.
Ein Faszinosum, das sich mit Worten nicht beschreiben lässt...
Wir haben es gebaut und ihr seid hier gewesen.
Unser tent du monde ist eine Geburtkammer.
Sehen und wirklich es betreten heißt
zum Unaufhörlichen hinüberzuwechseln.